- Termin: Di., 05. Dezember 2017, 17:00 Uhr
- Leitung: Prof. Dr. Jürgen Manemann
- Ort: fiph, Gerberstr. 26, Hannover
Fellow-Vortrag IV: Dr. des. Nassima Sahraoui (Frankfurt a. M.)
In einem der Fragmente seines unvollendeten Passagen-Werks zeichnet Walter Benjamin das Bild des Flaneurs, der im Paris des 19. Jahrhunderts eine Schildkröte spazieren führte. Dies entspreche dem zeitlichen Rhythmus jener schillernden Figur, so Benjamin. Nehmen wir einmal dieses schöne Bild eines sich der Langsamkeit hingebenden Müßiggängers und übertragen es auf unsere heutige Gesellschaftsstruktur, so stellt sich heraus, dass es der allgemein vorherrschenden Schnelllebigkeit entgegensteht. Könnte es nun sein, dass es sich beim Müßiggang – aber auch bei der Muße und der Faulheit – um Momente der (widerständigen) Enthaltung von der uns umgebenden ökonomischen Taktung handelt? Und wäre es weiterhin möglich, dass es kraft dieser immanenten Widerständigkeit vielleicht gelingt, sich jenes stetigen Sogs, der entlang der ökonomischen Zeitachse entsteht und der die subjektiven Kräfte absorbiert, zu enthalten? Anhand einiger literarischer und philosophischer Figuren – wie Benjamins Flaneur oder Ivan Gontscharows Oblomow – werde ich mich in meinem Vortrag diesen Fragen widmen. Dabei soll letztlich gezeigt werden, dass es jenseits der Versuche, Faulheit und Müßiggang zu verteufeln, eine ‚aktive‘ Seite der Faulheit gibt, welche die Kreativität des Menschen erst zu befördern vermag.
Dr. des. Nassima Sahraoui promovierte am Institut für Philosophie der Goethe Universität Frankfurt und lehrte u. a. dort am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Ihre Forschung liegt an den Schnittstellen zwischen Philosophie und Literatur, sowie in der Politischen Theorie, der Geschichte der Philosophie und Philosophie der Geschichte und der Dekonstruktion. Sie publizierte zum Verhältnis von Messianismus und Demokratietheorie, zu Philosophie und Philologie, zu den Begriffen Faulheit und Muße sowie zu Jacques Derrida und Walter Benjamin.
