Technische „Evolution“ als politisches Problem

  • Termin: Di., 20. Januar 2026, 18:00 Uhr
  • Leitung: Jürgen Manemann
  • Ort: fiph, Gerberstr. 26, Hannover

Fellow-Vortrag: Daniela Voss

Der französische Philosoph Gilbert Simondon ist vielen als ein Denker der Technikphilosophie bekannt, dank seines in mehrere Sprachen übersetzten Buches Die Existenzweise technischer Objekte (1958, frz. im Orig.). Simondons positive Auffassung des Verhältnisses von Mensch und technischer Maschine, deren respektive Fähigkeiten sich synergistisch ergänzen und somit zu einem Fortschritt menschlicher Gesellschaften beitragen können, findet in aktuellen, technikoptimistischen bis hin zu transhumanistischen Debatten Widerhall. Dies ist um so mehr der Fall, als Simondon versucht, eine der technischen Welt inhärente Entwicklungslogik aufzuzeigen und als "Quasi-Evolution" technischer Objekte zu deuten. Diese Interpetation einer vitale Impulse fortführenden, technischen Evolution ist jedoch äußerst fragwürdig, denn sie stellt technische Entwicklungen nicht mehr als historisch kontingent und verhandelbar dar. Sie lenkt von den Fragen ab, die wir uns stellen sollten: Wer sind diejenigen, die technische Innovationen schaffen und finanzieren? Welche (technischen, politischen, sozialen, kulturellen) Interessen sind im Spiel? Welche Interessen finden Beachtung und welche nicht? Wer sind diejenigen, die nicht an dem Prozess technischer Innovation durch die Formulierung von Forderungen und Bedürfnissen beteiligt sind, und denen scheinbar nur noch die Rolle des (unmündigen) 'user' zufällt? – Fragen, die technische Innovation als politisches Problem herausstellen. Wie lässt sich dennoch heute "mit" Simondon denken, ohne dabei wie Simondon technischen Fortschritt zu naturalisieren?

 

Vortrag im fiph und online via Zoom – https://eu01web.zoom.us/j/65796719895

 

Dr. Daniela Voss bewegt sich an der Schnittstelle zwischen deutsch- und französischsprachigen Philosophietraditionen (Kants Transzendentalismus, Phänomenologie, Poststrukturalismus), wobei der Status des Subjekts im Austausch mit seiner Umwelt eine zentrale Rolle spielt. Wichtige theoretische Bezugspunkte ihrer Arbeit sind die Schriften von Deleuze und Guattari. Sie hat Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Freien Universität Berlin studiert und mit einem Thema zu den transzendentalen Bedingungen des Denkens bei Gilles Deleuze promoviert. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hildesheim und hatte diverse Fellowships in Melbourne, Sydney, Paris und Oxford.

 

HINWEISE ZUR BARRIEREFREIHEIT: Die Veranstaltungen finden in der Regel in deutscher Sprache statt. In den Diskussionen sind auch englische Beiträge willkommen. Die Räumlichkeiten des fiph sind leider nicht barrierefrei zugänglich. Bei Interesse an einer Teilnahme und besonderen Bedarfen sprechen Sie uns gerne im Vorfeld an.