Widerständige Glieder. Der Leib als politischer Standort

  • Termin: Do., 21. Januar 2021, 16:00 Uhr
  • Leitung: Christian Loos / Paul Stephan M.A.
  • Ort: Online-Workshop

Workshop

Von den verschiedensten Autor*innen ist der Leib im 19. und 20. Jahrhundert zu einem politischen Ort erklärt worden: Feuerbach und Nietzsche kritisierten etwa die Unterdrückung des Leibes durch die christliche Moral, Marx und Engels kritisierten die Ausbeutung des Leibes der Arbeiter durch den kapitalistischen Produktionsprozess, einige Schüler*innen Freuds zogen aus den Theorien ihres Lehrers die Konsequenz, sich für eine sexuelle Befreiung einzusetzen, Feminist*innen stritten gegen die patriarchale Zurichtung des weiblichen Körpers, Homosexuelle gegen die Tabuisierung ihrer Sexualität etc. pp. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich dabei – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der erfahrenen faschistischen Politisierung des Leibes – mehr und mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Leib nicht einfach ein unschuldiger Ursprung ist, zu dem man in unproblematischer Art und Weise zurückkehren kann und sollte, sondern selbst das Resultat sozialer Kämpfe – eine Sichtweise, gegen die freilich auch eingewandt wird, dass sie jedwede vorgesellschaftliche Realität des Leibes leugnen und damit gerade die radikale Widerständigkeit des Leibes verkennen würde.

Jüngst ist die Frage nach der Politizität des Leibes auch durch die Corona-Krise aufgeworfen worden: Lassen sich die aufgrund der Pandemie verordneten Schutzmaßnahmen mit an Foucault anknüpfende Theoretiker*innen wie Giorgio Agamben als Radikalisierung einer repressiven modernen „Bio-Politik“ verstehen? Oder handelt es sich um eine neue Form des politischen Respekts vor der Empfindlichkeit des Leibes?

Vor dem Hintergrund dieser Debatten wollen wir uns in dem Workshop der Frage widmen, inwiefern der Leib heute noch als eine kritische politische Konzeption betrachtet werden kann und, wenn ja, auf welche Weise sie über subversive Potenziale verfügt, die gegen ökonomische und ideologische Entfremdungsprozesse des Menschen in Stellung gebracht werden können.

Organisation und Kontakt

Christian Loos (loos@fiph.de) und Paul Stephan, M.A. (stephan@fiph.de)

 

Termin

21./22. Januar 2021

 

Programm

Donnerstag, 21. Januar

14:30 – 15:00: Einführung & Vorstellungsrunde

15:00 – 15:45: Dr. Emanuel Seitz:
Schmerzfrei versichert. Die größte Versuchung des modernen Staates

16:00 – 16:45: Ralf Gisinger:
Organlose Organisierung? Politische Dimensionen des organlosen Körpers nach Deleuze/Guattari

16:45 – 17:30: Dr. habil. Thorsten Streubel:
Wer ist widerständig? Überlegungen zur (politischen und allgemeinen) Ontologie des Leibes

19:00 – 20:45: Keynotevortrag von Prof. Dr. Burkhard Liebsch:
Dasein – leibhaftig – politisierbar. Durch, für und gegen einander

Freitag, 22. Januar

9:30 – 10:30: Diskussion zur Keynote

10:30 – 11:15: Dr. Jan Kerkmann:
Die Bedeutung der Leiblichkeit in Schopenhauers Rechtstheorie

11:30 – 12:15: Christian Loos:
Leiblichkeit als subversive Prozesshaftigkeit

12:15 – 13:00: Paul Stephan:
Den Liberalismus überschreiten – eine demokratische Biopolitik wagen. Überlegungen am Leitfaden von Blochs humanistischer Philosophie eines ‚neuen Leibes'

13:15 – 14:00: Abschlussdiskussion

 

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