Natur und Technik. Eine Komplikation

  • Termin: Mi., 09. Juni 2021, 19:00 Uhr
  • Leitung: Prof. Dr. Jürgen Manemann
  • Ort: Online-Vortrag

45 Minuten weiter denken mit Prof. Dr. Birgit Recki

Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Bemühung um Begriff und Theorie der Technik, in denen ihre Stellung in der menschlichen Kultur angemessen bestimmt werden kann. Kultur beruht nicht allein auf den Leistungen der Technik – was Kultur ist, wird in der Technik geradezu exemplarisch: Technik als Extremfall dessen, was sich als ‚Menschenwerk‘ phänomenal von allem natürlich Gegebenen absetzt. Wie unter einem Brennglas kann man im Blick auf die Technik studieren, was Kultur, was ihre Bedeutung für die Menschheit ist.

Geht man der verbreiteten Abwehr gegen die Technik nach, die einem differenzierten Verständnis im Wege steht, so bekommt man es mit einem metaphysischen und ethischen Dualismus zu tun: Laut Rousseau etwa ist der Mensch von Natur aus gut – und es ist die Kultur, es ist mit anderen Worten sein eigenes Werk, das ihn verdirbt, indem es ihn von der Natur entfremdet. Diesem enorm wirkmächtigen, dabei selbstwidersprüchlichen Gedanken setze ich Kants spekulative Einsicht entgegen, dass der Mensch als Lebewesen mitsamt seiner Vernunft und Freiheit ein „Naturprodukt“ ist. Was Rousseau zufolge ein Dualismus wäre, wird in Folge der spekulativen Idee der Einheit von Natur und Freiheit zu einer Komplikation, mit der wir in differenzierter Weise umgehen können.

Prof. Dr. Birgit Recki ist Seniorprofessorin für Philosophie an der Universität Hamburg. Ihre Schwerpunkte liegen in der Praktischen Philosophie (Ethik, Ästhetik, Kulturphilosophie, Anthropologie), historisch im 18. Jahrhundert und in der Moderne (Kant, Aufklärung, Neu-Kantia­nis­mus, Frankfurter Schule). Von 1997 bis 2007 hat sie als Leiterin der Ernst-Cassirer-Arbeits­stelle die Gesammelten Werke Ernst Cassirers in 25 Bänden herausgegeben. Seit 2014 gehört sie dem Direktorium des Hamburger Warburg-Hauses an.

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