Die datafizierte und automatisierte Lebenswelt – eine philosophische Kritik an einem neuen Logozentrismus

  • Termin: Di., 18. Mai 2021, 19:00 Uhr
  • Leitung: Prof. Dr. Jürgen Manemann
  • Ort: Online-Vortrag

45 Minuten weiter denken mit Dr. Nicole Thiemer

Mit den neuen Entwicklungen im Bereich KI-basierter Systeme hat der Prozess der Automati­sierung und der Wunsch nach Automatisierung einen neuen Höhepunkt erreicht, in dem die Lebenspraxis des Menschen nicht mehr vom Unsicherheitsfaktor Mensch bestimmt wird bzw. werden soll. Künstlichen Intelligenten Systemen werden in immer umfassenderen Lebens­bereichen die Deutungshoheit über die menschliche Lebenspraxis zugesprochen. Schnell, optimal und rational sind sie – in kürzester Zeit berechnen sie im Rückgriff auf eine für den Menschen nicht überschaubare Datenmenge scheinbar optimale Entscheidungen und for­mulieren beste Handlungsempfehlungen. Die Superlative, die diesen fortgeschrittenen Informationstechnologien in Bezug auf die Meisterung der menschlichen Lebenspraxis zugesprochen werden, sind ethisch höchst problematisch. Und sie beruhen auf der Überzeugung, dass die gesamte menschliche Lebenswelt datafiziert bestmöglich erfasst ist und damit prognostizierbar und optimal meisterbar ist. Diese Ansicht zeigt sich als ein neuer Logozentrismus, wie im Rückgriff auf Jacques Derrida dargestellt werden kann. Im Vortrag wird die gegenwärtig sich vollziehende neue logozentrische Lebensweltauslegung aufgewiesen, problematisiert und kritisiert.

Dr. Nicole Thiemer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Geschäftsführende Leite­rin der Wilhelm-Schapp-Forschungsstelle am Fachgebiet Philo­so­phie der TU Kaiserslautern und seit Oktober 2019 Fellow am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover. Ihre Forschungs­schwerpunkte liegen in der Ethik, der Technikphilosophie, der nar­r­ativen Philosophie, der Anthropologie und der Kulturphilosophie.

 

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