"Macht Liebe sehend?" (2009)

Es mag ungewöhnlich sein, in philosophischen Zusammenhängen von Liebe zu sprechen. Zum einen besteht die Gefahr, in Sentimentalitäten und Trivialitäten abzurutschen; zum anderen scheint Liebe etwas zu sein, das sich weder universalisieren noch rechtfertigen lässt. Trotz dieser Probleme war Liebe (griech. eros, agape; lat. amor, caritas) über viele Jahrhunderte ein zentrales Thema der Philosophie, von Platon über Augustinus bis Max Scheler.

Liebe spielt in vielen Bereichen menschlichen Lebens eine Rolle. Ein alter Streit dreht sich um das Verhältnis von Liebe und Erkenntnis: Macht Liebe blind – oder ist sie vielmehr (in einem spezifischen Sinne) die Voraussetzung, um überhaupt etwas oder jemanden erkennen zu können? Die moderne Wissenschaft ist stolz auf ihre Objektivität und Neutralität, ja ihren kalten Blick – aber liegt darin nicht eine der Ursachen gravierender Probleme, vor allem der Naturzerstörung? Braucht man nicht, um andere Menschen und andere Kulturen besser zu verstehen, so etwas wie eine „amor mundi“ (Liebe zur Welt)? Die Vermutung liegt nahe, dass „Weltablehnung“ (Max Weber) nur dazu führt, Natur und Menschen beherrschen oder gar vernichten zu wollen. Auf jeden Fall steht die These im Raum, dass nur die Menschen, die zur Liebe fähig sind, die Werthaftigkeit der Welt erfassen können.

Die Preisverleihung fand am 12. September 2009 in der Dombibliothek Hildesheim statt. Die Preisträger sind:

1. Preis: Dr. Chiara Piazzesi, Greifswald

2. Preis: Stanislas Birigimana M.A., Heidelberg

3. Preis: Dr. Jannis Oberdieck, Bremen

Die prämierten Preisschriften sind zusammen mit der Laudatio von Thomas M. Schmidt im Juni 2010 als Buch im Wallstein Verlag Göttingen erschienen.