Meisterkurs 2010 mit Axel Honneth

Der Meister: Axel Honneth, geb. 1949 in Essen, studierte Philosophie, Soziologie und Germanistik in Bonn, Bochum und Berlin. Nach Professuren an der Universität Konstanz und der FU Berlin ist er heute Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität und Direktor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt/Main. Axel Honneth gilt als einer der wichtigsten Vertreter der kritischen Theorie in Fortführung der „Frankfurter Schule“; Ehrendoktorwürde der Universität Lüneburg 2008.

Buchpublikationen: Kritik der Macht. Relexionsstufen einer kritischen Gesellschaftstheorie (1985); Die zerrissene Welt des Sozialen (1989, erw. Auflage 1999); Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konlikte (1992, erw. Auflage 2003); Desintegration. Bruchstücke einer soziologischen Zeitdiagnose (1994); Das Andere der Gerechtigkeit (2000); Leiden an Unbestimmtheit. Versuch einer Reaktualisierung der Hegelschen Rechtsphilosophie (2001); Unsichtbarkeit. Stationen einer Theorie der Intersubjektivität (2003); zus. mit Nancy Fraser: Umverteilung oder Anerkennung? Eine politisch-philosophische Kontroverse (2003); Verdinglichung. Eine anerkennungstheoretische Studie (2005); Pathologien der Vernunft. Geschichte und Gegenwart der Kritischen Theorie (2007); mit Beate Rössler (Hg.): Von Person zu Person. Zur Moralität persönlicher Beziehungen (2008). Axel Honneth ist Mitherausgeber der „Deutschen Zeitschrift für Philosophie“, von „WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung“ sowie der Zeitschrift „Constellations. An International Journal of Critical and Democratic Theory“. Zurzeit arbeitet er an einem Buch zum Thema des Meisterkurses.

Das Thema: In dem Kurs ging es darum, in Alternative zu den heute herrschenden, liberalen Gerechtigkeitstheorien die Grundrisse einer Theorie zu entwickeln, die ihren Ausgang von den institutionellen Verkörperungen der Freiheit nimmt. Ein solches Vorgehen basiert im Anschluss an Hegel auf der Vorstellung, dass eine Theorie der Gerechtigkeit nicht als Begründung von normativen Prinzipien, sondern als eine „rekonstruktive“ Gesellschaftsanalyse angelegt wird, die die erforderlichen Normen aus den institutionell bereits akzeptierten Praktiken herleitet. Im Anschluss an diese eher methodologischen Vorüberlegungen, die auch kurze Auseinandersetzungen mit Émile Durkheim und Talcott Parsons einbeziehen werden, wurde in einem ersten grundsätzlichen Schritt die These umrissen, dass die Moderne verschiedene Vorstellungen von individueller Freiheit hervorgebracht hat, die jeweils Niederschlag in sozialen Institutionen und entsprechenden Praktiken gefunden haben; dabei wurden Vorstellungen der „negativen“, der „relexiven“ und der „sozialen“ Freiheit voneinander unterschieden, sodass das weitere Vorgehen in einer Analyse derjenigen institutionellen Komplexe bestehen konnte, die jeweils soziale Verkörperungen dieser drei Freiheitsmodelle bilden. Nach der Exposition des Grundaufbaus einer solchen Sittlichkeitsanalyse, die sich methodisch an das Vorbild der Hegelschen Rechtsphilosophie hält, wurde in einem zweiten grundsätzlichen Schritt dann im Einzelnen erläutert, wie die entsprechenden Institutionen heute ihrer normativen Struktur nach beschaffen sind; hier ging es darum, von den Institutionen des Rechts und der Moral die „relationalen“ Institutionen (Parsons) abzuheben, in denen die „soziale Freiheit“ der Individuen zu ihrem Recht gelangt. In einem letzten Schritt wurden mit den institutionellen Sphären persönlicher Beziehungen und des marktvermittelten Wirtschaftshandelns zwei der drei institutionellen Komplexe vorgestellt, die sich an den gegenwärtigen Gesellschaften des Westens als „sittliche“ Verkörperungen von Freiheit verstehen lassen.