Dr. Wioletta Szymczak

Stipendiatin von Februar 2005 bis August 2005

Wioletta Szymczak studierte Soziologie an der Katholischen Universität Lublin, außerdem hat sie die Postgraduate School of the Social Communication and Journalism an der Katholischen Universität Lublin absolviert. 2002 promovierte sie in Soziologie. Seit 1998 arbeitet sie als Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Soziologie der Katholischen Universität Lublin, seit 2005 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin. Von Februar bis August 2005 war sie Stipendiatin des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover mit dem Projekt „Die Grundwerte der Zivilgesellschaft“.

Projekt am fiph

„Die Grundwerte der Zivilgesellschaft“

In den letzten Jahrzehnten ist eine Belebung der Konzeption von Zivilgesellschaft festzustellen. Sie erscheint sowohl im Streben nach Freiheit in den postkommunistischen Ländern als auch in den westlichen Demokratien, in denen die Art und Weise für die volle Teilnahme der Bürger in der Mitverantwortung für das Gemeinwohl gesucht wird.

Die Zivilgesellschaft wird entweder eine bestimmte Realität oder eine Norm, die ein Kriterium für die Bewertung der gegenwärtigen Gesellschaften darstellen. Im allgemeinen kann man die Zivilgesellschaft als horizontale Verbindungen zwischen den Menschen und den Menschengruppen beschreiben, die sich in den besser organisierten Formen manifestieren und auf die Wirkung für das Gemeinwohl hin orientiert sind. Zu diesen Formen gehören: Organisationen, Institutionen, gesellschaftliche Verbände. Sie entstehen von unten und realisieren auf verschiedene Art und Weise die Ziele, die zur Entwicklung und Verstärkung der Kultur sowie zum Aufbau der zwischenmenschlichen Gemeinschaft dienen.

Der Begriff Zivilgesellschaft ist sehr unscharf und wird immer wieder um neue Inhalte erweitert, deswegen sind Forschungen in diesem Bereich nötig. Die Ausweitung des Begriffs Zivilgesellschaft hat eine Doppelbedeutung: theoretisch und praktisch. Die Grundlagenforschung kann die vieldeutige Kategorie von Zivilgesellschaft stärker konkretisieren und operationalisieren. Auf empirischer Ebene hat sie vor allem Bedeutung für die neuen Demokratien im Mittelosteuropa bei der Suche nach optimalen Lösungen für verschiedene gesellschaftliche Fragen. Diese Fragen betreffen Beziehungen zwischen der Gesellschaft, dem Staat und der Privatsphäre (u. a. Arbeitslosigkeit, Armut, Sozialfürsorge, Korruption, Terrorismus, gesellschaftliche und wirtschaftliche Solidarität).

Im Ost- und Mitteleuropa hat das Wiederaufleben der Idee der Zivilgesellschaft nach dem Sturz der totalitären Regierungen empirischen, ideologischen und ethischen Charakter. Es ist eine Reaktion auf das fesselnde totalitäre System und die Hegemonie des Staates. Wichtig ist aber in diesem Kontext die Tatsache, dass die besprochene Idee ihre Renaissance auch den moralischen Assoziationen verdankt. Sie sind stark mit gesellschaftlichen Bedingungen verbunden, die das Wiederaufleben dieser Idee im Osten begleiten. Die Konzeption der ethischen Zivilgesellschaft hat hier die größte Popularität. In dieser Konzeption werden die gemeinsamen, die Mitglieder verbindenden Werte akzentuiert. Die gegenwärtige Erneuerung der behandelten Idee ist somit eng mit ihrem moralischen Ausmaß verbunden.

Der ethische Kontext der Diskussion über die Zivilgesellschaft kann auch in Polen gesehen werden. Mehr als zehn Jahre nach der „Solidarność“-Entstehung sieht man positive Symptome der Rückkehr zu den aus den früheren Epochen bekannten bürgerlichen Ideen. Es gibt neue gesellschaftliche Lebensqualitäten: das zunehmende gesellschaftliche Vertrauen, die Akzeptanz der Marktwirtschaft, das zunehmende Bildungsniveau, Solidaritätsbedürfnis und der entstehende Glaube an den Erfolg gemeinsamen Handelns. Die Notwendigkeit, die Werte der Zivilgesellschaft zu erforschen, wird auch durch aktuelle Probleme bestimmt wie: die Passivität im öffentlichen Leben, die politische Passivität und die Korruption.

Das Ziel des Projekts ist die Suche, Aussonderung und Analyse der Werte der Zivilgesellschaft anhand der internationalen, aber vor allem deutschen Sekundärliteratur. Es ist wohlbegründet und interessant, eine Antwort auf folgende Fragen zu suchen: Wie definiert man (vor allem in Deutschland) den Begriff Zivilgesellschaft? In welchem Kontext spricht man über die Werte? Welche der Werte sind mit welchem Konzept der Zivilgesellschaft verbunden? Welche Rolle schreibt man diesen Werten zu? Welche Werte braucht die Zivilgesellschaft in Polen?

Die behandelten Fragen sind interdisziplinär, sie variieren zwischen Soziologie, Politik, Ethik und katholischer Soziallehre.

Deutschland ist ein guter Ort, weil hier Zivilgesellschaft seit vielen Jahren funktioniert und in dieser Hinsicht entwickelt ist. Und deswegen ist das Kennenlernen der deutschen Erfahrungen sehr wichtig.