Anastassija Kostan M.A.

Fellow von Oktober 2020
bis September 2022

Zur Person

In Frankfurt am Main und Paris studierte Anastassija Kostan Philosophie, Soziologie und Geschlechterforschung. Sie promoviert an der Goethe-Universität Frankfurt zu feministischen Neomaterialismen bei Elizabeth Grosz und Vicky Kirby. Die beiden Autorinnen loten Grundbegriffe feministischer Philosophie, Gesellschafts- und Wissen(schaft)sforschung wie Körper, Sprache, Biologie, Diskurs, Identität und Geist neu aus und verweben dabei Politik, Gesellschaft und (Natur-)Wissenschaften eng miteinander.
Als DFG-Promotionsstipendiatin war Anastassija Kostan von April 2017 bis März 2020 am Graduiertenkolleg „Life Sciences – Life Writing" an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fellow in Residence der Klassik Stiftung Weimar im März und April 2020 und als Fulbright Grantee an der University of California in Los Angeles von Januar bis Mai 2021. An der Goethe-Universität war sie von Februar 2016 bis März 2021 am Institut für Soziologie im Arbeitsbereich „Biotechnologie, Natur und Gesellschaft" als wissenschaftliche Hilfskraft tätig.
Ihre Forschungsinteressen sind neben feministischer Epistemologie und Wissenschafts- und Technikforschung die Rolle von Affekten und Emotionen in der wissenschaftlichen Wissensproduktion sowie der Zusammenhang von Digitalisierung und sozialer Ungleichheit.

Projekt am fiph

Die Sprache der Natur: Feministische Neomaterialismen Vicki Kirbys und Elizabeth Grosz'

Als Fellow des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover forscht Anastassija Kostan zwischen Oktober 2020 und September 2022 zu Fragen der Herrschafts- und Wissenschaftskritik der neuen feministischen Materialismen.
Von besonderem Interesse für das Projekt sind die Arbeiten Vicki Kirbys und Elizabeth Grosz', die tradierte Vorstellungen von der Welt und des Wissens mittels unkonventioneller Auffassungen von Materialität und Sprache irritieren. Gemeinsamer Ausgangspunkt ihrer epistemischen Grundlagen und ontologischen Kategorien ist, dass Individuen und Sachverhalte nicht einfach gegeben sind, sondern von materiellen Gefügen prozessual hervorgebracht werden.
Kirby und Grosz mobilisieren Motive der materiellen Relationalität und posthumanistischen Handlungsfähigkeit alternativ zu traditionellen Formen der Wissensproduktion. Nicht länger soll vermachtete Forschungspraxis naturalisiert und daraus hervorgehendes Wissen absolut gesetzt werden, um es dann nachträglich als neutrale und gegebene Welt zu entdecken.
Stattdessen stellt eine relationale und posthumanistisch performative Auffassung von Sprache, wie sie etwa Vicki Kirby vertritt, die menschliche Sonderstellung infrage. Für Kirby bringt nämlich die „ontologisch universelle" und weit über den Menschen hinausgehende „Sprache" einer durch und durch materiellen Welt Phänomene und Gegenstände mit spezifischen Grenzen und Eigenschaften hervor.
Die eigensinnige und sich in ständig produktivem (und destruktivem) Wandel befindliche weltliche Materialität hat für Grosz auch unkörperliche Aspekte. Materielle Körper existieren für Grosz als in sich heterogene Multitüden, die nicht nur in der fortlaufenden Bewegung der Zeit und Evolution volatil und affektiv sind, sondern sich dabei immer wieder neu zusammenfügen und rekonfigurieren.
Wenn Kirby und Grosz aufzeigen, wie Welt, Wissen und die wissenschaftliche, politische und ethische Handlungsfähigkeit durch materielle Dynamiken und ihre je spezifischen Verschränkungen konstituiert werden, sollten sie nicht nur materielle, sondern auch Formen der epistemischen Gewalt und Ungerechtigkeit umfassend adressieren können, so die Ausgangsthese des Projekts. Sind für Kirby und Grosz Fragen danach leitend, welche Individuen und Sachverhalte vor allem aus den posthumanistisch performativen und materiellen Relationen hervorgebracht werden und welche nicht, stellt sich für das Projekt auch die Frage nach den darin verortbaren politischen Handlungsspielräumen menschlicher Gesellschaften.