Parwez Ghafoori MA

Stipendiat von Oktober 2012 bis Juli 2013

In der Begegnung mit fremden Kulturen zeigen sich stets Alternativen, die, wenn sie bedacht und möglicherweise erlebt werden, neue Perspektiven auf das je Eigene, Selbstverständliche eröffnen. Daraus erwachsen die Notwendigkeit und das Bedürfnis einer umsichtigen und verantwortungsvollen Praxis des Philosophierens zwischen den Kulturen.


Ich habe an den Universitäten Kiel und Köln Philosophie, Kunstgeschichte, Pädagogik und Islamwissenschaft studiert. Mein Studium habe ich mit einer Magisterarbeit mit dem Titel „Der Spielbegriff in den Grundlegungen zur Ästhetik um 1800“ abgeschlossen. Die Studie hatte zum Ziel, die Funktion des Spielbegriffs in einigen der wichtigsten Ästhetik-Konzeptionen zu untersuchen, um damit ihre Relevanz für die Verhältnisbestimmung von Ethik und Ästhetik herauszuarbeiten. Nach der Beendigung des Studiums wurde ich für ein Jahr Leiter einer Lerngruppe bei den Schultz-Hencke-Heimen in Kiel. Seit 2011 bin ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hildesheim beschäftigt, wo ich unter der Betreuung von Rolf Elberfeld an meinem Promotionsprojekt arbeite.


Meine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Ästhetik (Kant, Schiller, Schleiermacher), Ethik, Anthropologie und der Interkulturellen Philosophie. Des Weiteren gilt mein Forschungsinteresse besonders der islamischen Philosophie und dem Sufismus sowie der klassischen persischen und Urdu-Dichtung.

 

Projekt am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover

„Muhammad Iqbals Philosophie der kreativen Subjektivität“

 Der indisch-pakistanische Philosoph und Dichter Muhammad Iqbal (1877-1938) hat ein dreisprachiges Œuvre hinterlassen, in dem er sein Subjektdenken entfaltet hat. Es umfasst mehrere Sammlungen persischer und Urdu-Dichtung sowie die in englischer Sprache verfassten philosophischen Abhandlungen. Iqbals Intention geht dahin, das Subjekt in seiner komplexen inneren Konstitution, das heißt in seinen rationalen, ästhetischen und aktiven Weltbezügen in den Blick zu nehmen. Für seinen poetisch-philosophischen Neuentwurf der Subjektivitätsthematik, den er erstmals in dem im Jahre 1915 erschienenen poetischen Hauptwerk „Die Geheimnisse des Selbst“(persisch: Asrar-e-Khudi) vorlegt, ist seine Beschäftigung mit der neuzeitlichen europäischen Philosophie seit Descartes ebenso konstitutiv wie seine kritische Auseinandersetzung mit dem Subjektdenken innerhalb der islamischen Philosophie und Mystik.

Das Ziel des Projekts ist die systematische und kritische Erörterung von Iqbals Philosophie der kreativen Subjektivität, wie sie in dessen philosophischen und poetischen Schriften an prominenter Stelle formuliert wurde. Es wird erstens danach gefragt, in welcher Weise es Iqbal gelingt, unter Verbindung unterschiedlicher subjektphilosophischer Motive aus der europäischen sowie islamischen Denktraditionen eine eigenständige und innovative Subjektphilosophie zu entwickeln. Zweitens wird im Rahmen einer textnahen Analyse und Auslegung der für die Thematik wichtigsten poetischen Werke erforscht, wie es dem Autor gelingt, die Dichtung als Medium der philosophischen Reflexion zu verwenden. Dies zeigt sich exemplarisch in seiner Umwandlung der klassischen Gedichtform des Ghasels, wodurch er die Idee des Subjekts als einer modernen Denkfigur in den traditionellen Sprachen des Persischen und Urdu Ausdruck gibt. Von einer solchen Untersuchung des poetischen Werkes wird Auskunft darüber erwartet, wie die Rolle der Sprache, insbesondere die der Dichtung als Organ der Kreativität des Subjekts zu bewerten ist.