Dr. Natalja Pustovit

DAAD-Stipendiatin von Oktober 2015 bis Juli 2016

Philosophie ist Weisheit der Jahrhunderte, die durch ein gutes Buch, eine kunstbegabte Theatervorführung oder väterlichen Rat von Generation zu Generation überliefert wird. Sie gibt unserem Leben Impulse zur Eröffnung neuer Horizonte geistiger und intellektueller Entwicklung. Für Philosophie stehen Verständnis und Kommunikation an erster Stelle. Sie leisten einen großen Beitrag zum vollwertigen sozialen Leben des Menschen. Ich bin der Meinung, dass Philosophie ein erster Schritt ist, den jeder Wissenschaftler, unabhängig von seiner Interessensphäre, macht, damit nachfolgende Schritte rational und effektiv werden. In meinen wissenschaftlichen Untersuchungen spielt Philosophie eine zentrale Rolle.

2007 kam ich an die Nationale Mykola-Schukowskyi Universität für Luft- und Raumfahrt (Charkiw, Ukraine), an der ich Dokumentationswissenschaften und Informationsmanagement studierte. Während des Studiums arbeitete ich an Themen, die sich mit Besonderheiten der Funktionsweise der Bibliotheken im Kontext der Herausbildung und der Entwicklung der Informationsgesellschaft in der Ukraine beschäftigten. In meiner Magisterarbeit ging es um Besonderheiten der Schaffung, der Funktionsweise, der Speicherung und der Verbreitung der informationellen Ressourcen in der wissenschaftlich-technischen Sphäre. Von 2012 bis 2015 arbeitete ich an meinem Dissertationsprojekt am Lehrstuhl für Philosophie an derselben Universität. Gerade in dieser Zeit eröffnete Philosophie mir neue Facetten der Kognition und wurde zum Ziel meines Dissertationsprojektes „Die Natur der Axiosphäre der Informationsgesellschaft“, das in sozial-philosophischer Analyse des Hauptinhaltes der Axiosphäre der Informationsgesellschaft, ihrer Struktur und Besonderheiten ihrer Funktionsweise bestand. Zu den grundlegenden Vorbildern der gegenwärtigen Gesellschaft, die ich in meinem Werk verwendete, gehörten die Theorie der postindustriellen Gesellschaft von D. Bell, die Theorie der Netzwerkgesellschaft von M. Kastells und das Futuristische Konzept von E. Toffler. In der Dissertation erforschte ich grundlegend nicht nur die Technosphäre der Informationsgesellschaft, sondern auch die wertmäßige Basis ihrer Funktionsweise. Am 27.8.2015 wurde ich an der Ivan Franko Schytomyr Staatliche Universität erfolgreich promoviert. Das DAAD-Stipendium gibt mir eine gute Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern und mein Post-Doc-Projekt „Die Transformation des kulturellen Dialogs im Rahmen der Informationsgesellschaft“ am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover anzufangen.

Der Kreis meines wissenschaftlichen Interesses umfasst Fragen, die mit dem konstruktiven kulturellen Dialog sowie mit dem Menschenrechtsschutz, mit dem Kulturerbeschutz, der Informationspolitik und der Informationskultur verbunden sind.

Projekt am fiph

Die Transformation des kulturellen Dialogs im Rahmen der Informationsgesellschaft

Als Schlüsselkonzepte des Projektes figurieren die Informationsgesellschaft und ein kultureller Dialog, den man als dynamisches, kommunikatives Phänomen charakterisieren kann, der gleichzeitig sich selbst, Politik, Kultur, Wertsphäre und insgesamt das Gesellschaftsleben transformiert. Die Informationsgesellschaft lässt sich als ein Schlüssel verstehen, den man dazu verwenden kann, auf Fragen, die mit der Natur der Transformationen des kulturellen Dialogs, seiner Rolle und seinem Status in Strukturen der Sozialrealität, sowie positiven und negativen Auswirkungen von kulturellen Transformationen verbunden sind, zu antworten. Vor mir entstehen wichtige und komplizierte Aufgaben, die sozial-philosophisches Bedenken, Prognosenverfassung und praktische Vision benötigen. Ein paar Worte möchte ich zum Thema der Informationsgesellschaft hinzufügen, die im Lauf der letzten Jahre mit großem Interesse in zahlreiche Debatten einbezogen wurde. Ich versuche ihre theoretischen Grenzen zu bezeichnen. Ich bin der Auffassung, dass die Informationsgesellschaft ein Nachfolger der postindustriellen Gesellschaft, eine gesetzmäßige Folge ihrer objektiven Entwicklung ist (D. Bell, J. Nesbit, W. J. Martin). Meiner Meinung nach ist die Informationsgesellschaft ein Begriff, der einen neuen, schnellvariierenden globalen sozial-wirtschaftlich determinierten Komplex bestimmt. Das ist eine neuartige Etappe der Entwicklung der postindustriellen Gesellschaft, deren Hauptprodukte Information und Wissen sind.

Meine wissenschaftliche Erforschung der Informationsgesellschaft auf der theoretischen und methodologischen Ebene begann mit der Dissertation, die den Titel „Die Natur der Axiosphäre der Informationsgesellschaft“ trägt. Die Dissertation gab mir eine gute Möglichkeit, in die axiologische Dimension der Informationsgesellschaft, die um eine Achse der informationellen Werte funktioniert, einzutauchen und diesen Aspekt zu erforschen. Die Erreichung des Zustandes der globalen freiwilligen Kooperation benötigt eine Symbiose von Philosophie und informationell-analytischen Behandlungen zur kulturellen Dimension der Informationsgesellschaft. Diese Idee liegt im Kern des Projektes, dessen Ziel in der Optimierung des Systems der informationell-analytischen Begleitung des kulturellen Dialogs zwischen Regionen mit unterschiedlichen Ebenen der Informatisierung besteht. Räumlich umfasst das Projekt Europa und den Nahen Osten und bezieht sich auf die konkrete Debatte zwischen Christen und Muslimen im Hintergrund der kulturellen Transformationsprozesse. Als ethisches Fundament benutze ich den moderaten Kosmopolitismus des US-amerikanischen Philosophen Kwame Anthony Appiah.

Das beschriebene Projekt ist ein Versuch, ein solches Format des kulturellen Dialogs anzubieten, mit dessen Ergebnissen ein Beitrag zu Fragen der menschlichen Existenz im informationellen Raum geleistet werden kann, insbesondere: „Wie sollten Menschen friedlich und gut zusammen leben?“.