Prof. Dr. Héctor Wittwer

Fellow von Oktober 2009 bis Juli 2010

Von 1991 bis 1996 studierte ich Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Lateinamerikanistik an der Freien Universität Berlin. Das Studienjahr 1995/96 verbrachte ich als Stipendiat der Französischen Regierung an der Université Charles de Gaulle in Lille. Im Jahr 1996 schloss ich meine Studien mit der Maîtrise de philosophie und dem Magister Artium ab. Danach war ich zunächst Promotionsstipendiat des Landes Berlin und ab 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Assistent am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität. Dort wurde ich 2001 für eine Arbeit über das Thema „Selbsttötung als philosophisches Problem“ promoviert. 2007 folgte die Habilitation. In meiner Habilitationsschrift beschäftigte ich mich mit der Frage „Ist es vernünftig, moralisch zu handeln?“Im Sommersemester 2008 lehrte ich als Vertretungsprofessor an der Universität Hamburg, im Studienjahr 2008/09 an der Technischen Universität Dortmund.

Meine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Normativen und Angewandten Ethik sowie in der Rationalitätstheorie. Mein historisches Interesse gilt vor allem der Praktischen Philosophie Kants sowie dem Werk des deutsch-französischen Philosophen Eric Weil. In der Ethik beschäftige ich mich insbesondere mit den moralischen Problemen am Ende des Lebens. In verschiedenen Publikationen habe ich mich mit dem Suizid, dem Status des menschlichen Leichnams und der Ethik der technischen Lebensverlängerung auseinandergesetzt. Vor kurzem erschien bei Reclam meine Einführung in die „Philosophie des Todes“. Zurzeit bereite ich mit zwei Kollegen die Herausgabe des interdisziplinären „Handbuchs Sterben und Tod“ vor, das 2010 im Metzler-Verlag erscheinen wird.

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Projekt am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover

Das Verhältnis zwischen Recht und Moral im liberalen Verfassungsstaat

Obwohl die Frage nach dem Verhältnis zwischen Recht und Moral zu den klassischen Themen der Rechts- und Staatsphilosophie zählt, liegen bisher verhältnismäßig wenige Untersuchungen vor, die sich mit der Eigenart dieses Verhältnisses im liberalen Verfassungsstaat beschäftigen. In meinem Forschungsprojekt gehe ich von vier empirisch gestützten Annahmen aus. Erstens sind liberale Verfassungsstaaten ihrem normativen Selbstverständnis nach nicht moralisch neutral. Vielmehr haben sie sich in ihren Verfassungen und in zahlreichen internationalen Abkommen auf die Achtung der Menschenwürde und die Durchsetzung der Menschenrechte festgelegt. Zweitens sind moderne Staaten in der Regel weitgehend säkularisierte Staaten. Aus diesem – historisch betrachtet: seltenen – Tatbestand ergeben sich verschiedene Probleme. Unter anderem ist zu fragen, in welchem Maße der säkulare Staat religiös begründete moralische Überzeugungen respektieren muss. Drittens lassen sich in liberalen Verfassungsstaaten zwei scheinbar gegenläufige Tendenzen beobachten. Einerseits lehnen es liberale Staaten ab, für sich selbst das Monopol des moralischen Urteils über das richtige Leben zu beanspruchen. Dies ergibt sich aus dem grundlegenden Recht auf die Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung. Andererseits müssen sie aber häufig in die persönliche Freiheit der Bürger eingreifen, um die Grundrechte, zu denen sie sich bekennen, durchzusetzen. Hinzu kommt schließlich, dass aufgrund der Globalisierung und der Migrationsbewegungen moderne Staaten in kultureller und moralischer Hinsicht heterogen sind.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen, versuche ich, die folgenden drei Fragen zu beantworten:(i) Welche Funktion kann das Recht im liberalen Verfassungsstaat in Bezug auf die friedliche Lösung moralischer Konflikte haben? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Recht diese Funktion erfüllen kann? (ii) Inwieweit muss der liberale Verfassungsstaat bei der Rechtsetzung Rücksicht auf moralische Überzeugungen innerhalb der Bevölkerung nehmen? Darf er gegebenenfalls auch versuchen, die Bürger moralisch zu erziehen? (iii) Wie lässt sich der Grundsatz der Achtung der Menschenwürde auf unkontroverse und widerspruchsfreie Weise so deuten, dass er als Rechtssatz praktikabel ist?