Prof. Dr. Michael Hauskeller

Fellow von Oktober 2003 bis Juli 2004

Michael Hauskeller wurde 1964 in Mönchengladbach geboren. Er studierte an den Universitäten Bonn und Dublin Philosophie, Anglistik und Germanistik (Magister 1990). Anschließend promovierte er in Darmstadt bei Gernot Böhme mit einer Arbeit zur Theorie der Atmosphären (1994). Die Habilitation erfolgte 2001 mit einem „Versuch über die Grundlagen der Moral“. Von 1995 bis 2001 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der TU Darmstadt, danach Privatdozent. Seit Januar 2003 lebt er mit seiner Familie in Exeter (Südengland), wo er angefangen hatte, an einem Projekt zur Bestimmung und Geschichte des Integritätsbegriffs und seiner Anwendung in ethischen Diskursen über Biotechnologie zu arbeiten. Dieses Projekt setzte er ab Oktober 2003 am Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover fort.

Michael Hauskeller ist Professor für Philosophie an der University of Exeter (UK).

Hauptarbeitsgebiete: Ethik (Grundlagen und Anwendung), Ästhetik (Philosophie der Kunst und des Schönen), Erkenntnistheorie (Skeptizismus, Philosophie des Common Sense)

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Projekt am fiph

"Philosophische Positionen des Pluralismus in den Geistes- und Kulturwissenschaften"

Der Abschied von der Geschichtsphilosophie zieht sich seit mehr als anderthalb Jahrhunderten merklich in die Länge. Von den tradierten Einheitskonzepten – Einheit des Glaubens, des Wissens, der Geschichte – ist zwar vordergründig wenig übriggeblieben, aber was ist mit "Evolution", "Humanität", "Natur" des Menschen und "Menschenrechten" und anderen Universalisierungskonzepten? Offensichtlich ist unser Bedürfnis, die Vielfalt der Erscheinungsformen in eine Einheit zu bringen, nach wie vor sehr stark. Wo wir Entwicklung – in der Natur wie in der Kultur – beobachten, sprechen wir zumeist von Einheitlichkeit, Zweckmäßigkeit und Zielgerichtetheit.

Möglicherweise gibt es für uns keinen anderen Weg, kulturelle Identität in ihrer Entwicklung zu stabilisieren. Deshalb erscheint es auch als allzumenschlich, dass wir im Blick auf unsere jeweilige Identität nicht ihr Gewordensein, hinter der Wirklichkeit unserer Lebenswelt nicht weitere Möglichkeiten, hinter dem Horizont unseres Wissens nicht weitere Horizonte und in unseren Denk-Konzepten nicht bloße Hypothesen erblicken. Weil das so ist, hat William James unserer Epoche vor nahezu hundert Jahren eine Aufgabe genannt, deren Aktualität keineswegs verblaßt ist. Es mag ja sein, so James, daß wir dereinst eine konsistente Vorstellung von der Einheit der Welt, mit einem Ursprung, einer durchgehenden Struktur und einem voraussichtlichen Ende haben werden, aber meanwhile müssen wir mit dem Zustand der Unvollkommenheit klarkommen. Wir müssen sogar mit der plausiblen aber schwer bekömmlichen Hypothese arbeiten, daß wir diesen Status unvollkommener Erkenntnis der Welt und unserer selbst nie werden verlassen können.

Meine Absicht war es, in meinem Forschungsprojekt – unter Rückgriff auf die Überlegungen von William James – eine problemgeschichtliche (Re-)Konstruktion des Methoden- und Weltanschauungspluralismus in den Geistes- und Kulturwissenschaften vorzunehmen. Das Projekt besteht aus zwei Teilbereichen. Rekonstruktion (Teil 1) meint in diesem Zusammenhang, daß sich im Schatten Hegels bereits mehrere Konzepte entwickelt haben, die anhand der Leitbegriffe Wissenschaftstheorie, Weltanschauung und Leben Hegels Darstellung des erscheinenden Wissens auf die Vielfalt der Erfahrungswelt überblendet haben: Dieser Weg führt von Trendelenburg und Lotze zu Dilthey und Cassirer wie auch zu James und Dewey, von Nietzsche und Eucken über Bergson, Simmel und Scheler zu Heidegger und von Husserl zu Schütz, um nur die Hauptpassagen zu nennen. Im Rückblick auf den philosophischen Diskurs des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zeigt sich, dass es in diesen Bereichen – den Logiken der Wissenschaften, den Typologien der Weltanschauungen und den Philosophien des Lebens – gleichermaßen darum geht, die "Totalität" und die "Differenziertheit" der Formen herauszuarbeiten, in denen sich menschliches Denken und Handeln vollzieht. Konstruktion (Teil 2) hingegen meint, darauf aufbauend, daß die genannten pluralistischen Theorieansätze in eine liberalistische Konzeption eingefaßt werden (und umgekehrt), insofern es darum geht, wie Ernst Cassirer sagt, "jedem Versuch des Welt-Verständnisses, jeder Auslegung der Welt, deren der menschliche Geist fähig ist, ihr Resultat zuzuerkennen und sie in ihrer Eigentümlichkeit zu begreifen." Die Anerkenntnis einer jeden Weltauslegung und die Gewährung von Freiheit so wie die Praxis der Toleranz bedingen sich wechselseitig. Zwar fehlen hier sowohl eine logische als auch eine geistesgeschichtliche Verknüpfung, wie Isaiah Berlin zu recht bemerkt hat. Ziel des Forschungsprojekts war es deshalb, diese Bereiche als komplementär innerhalb einer Theorie der modernen Kultur darzustellen.