Christian Loos

Gastwissenschaftler von April 2021 bis Dezember 2021.

Zur Person

Christian Loos ist Doktorand am Philosophischen Seminar der WWU in Münster und wird in seiner Dissertation Ludwig und Friedrich Feuerbach. Eine kritisch-reflexive Anthropologie einer „neuen“ Leiblichkeit von Herrn PD Dr. Andreas Vieth und Prof. Dr. Dres. h.c. Michael Quante betreut. Er ist examiniert in den Fächern Geschichte, Deutsch, Philosophie und Erziehungswissenschaft und schreibt als Redaktionsmitglied der Simpliciana, der Fachzeitschrift der Grimmelshausen Gesellschaft, zu anthropologischen und volksbildnerischen Themen im Kontext der Schriften Grimmelshausens. Sein philosophisches Interesse gilt der Anthropologie und ihrer Kritik, der Religionsphilosophie, der Aufklärungs- und Vormärzphilosophie, dem Junghegelianismus sowie dem Themenfeld der conditio posthumana.

Philosophie soll vor diesem Hintergrund eine interdisziplinäre Offenheit besitzen, den reellen Menschen mit seinen Bedürfnissen, Wünschen und Ängsten konkret fassen und für gegenwärtige sowie zukünftige gesellschaftliche Problemlagen konkrete Lösungsvorschläge entwickeln.

Am fiph war er CIVITAS-Stipendiat, hier soll zum einen das Dissertationsprojekt fertigstellt, zum anderen mit den Arbeiten zu einem Folgeprojekt mit dem Titel Theorie einer verleiblichten Subjektivität begonnen werden

Projekt am fiph

Ludwig und Friedrich Feuerbach. Eine kritisch-reflexive Anthropologie einer „neuen“ Leiblichkeit

Die Brüder Feuerbach postulieren in ihren anthropologischen Schriften ein dezidiertes Leiblichkeitskonzept, das auf die soziale Not und die mit ihr verbundenen Wirkmechanismen geistiger und körperlicher Entfremdungsprozesse im 19. Jahrhundert antwortet und daher als eine philosophische Problemlösungsstrategie gelesen werden soll. Im Gegensatz zur bloßen Körperlichkeit umfasst der Begriff der Leiblichkeit eine ganzheitliche Perspektive, die das geistige Vermögen des Menschen nicht von seiner Körperlichkeit separiert. Gegen die feuerbachsche Anthropologie gab es damals wie heute verschiedene Einwände: Gewarnt wurde beispielsweise vor anthropologischen Überhöhungen des Menschen, einer zu starken Fokussierung auf die Gattungseigenschaften und einer damit einhergehenden Relativierung der individuellen Persönlichkeit. Im Sinne einer kritisch-reflexiven Anthropologie soll die vor- und nachmärzliche sowie jüngere Anthropologiekritik gegen die eigene Methode und Gegenstandsauswahl gewendet werden, um das feuerbachsche Leiblichkeitskonzept analytisch präzisieren, seinen geistesgeschichtlichen Raum detailliert bestimmen und für gegenwärtige Herausforderungen der Anthropologie aktualisieren zu können. Denn die Umschwünge um die vorletzte Jahrhundertwende forcieren die philosophischen Probleme, die seit dem Vormärz philosophisch, gesellschaftlich und lebenspraktisch nur bedingt verstanden und gelöst wurden. Ausgehend von einem analytisch-systematischen Verfahren werden die für das Leiblichkeitskonzept bedeutsamen Begriffe empirisch in einer Korpus- und Kontextanalyse ausgewertet. Ein solches Verfahren ist in der Feuerbachforschung innovativ, weil es die phänomengesättigten Begriffe der disparaten Philosophie der Brüder Feuerbach terminologisch schärft, ohne dabei die Intentionalität für den Common Sense zu verlieren.